BORN TO BE CHILD – Ein Motorrad kaufen in Vietnam

Worauf du achten musst, wenn du dir ein Motorrad in Vietnam kaufen willst
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Im ersten Teil der BORN TO BE CHILD-Serie bin ich auf die Frage eingegangen, warum man sich überhaupt ein Motorrad kaufen sollte, um Vietnam zu erkunden. In diesem Artikel möchte ich nun versuchen, so ausführlich wie möglich auf das WIE einzugehen. Sprich: Wo muss ich suchen, worauf muss ich achten und wieviel soll ich ausgeben? Denn ein Motorrad kaufen in Vietnam ist gar nicht so schwer.

Nicht jeder von uns ist zum Zweiradmechaniker geboren. Ich übrigens auch nicht. Wenn man allerdings ein paar Dinge beachtet und ein wenig technisches Verständnis mitbringt, kann man auch als Laie ziemlich schnell beurteilen, in welchem Zustand sich ein Motorrad befindet.

Grundsätzlich trennen dich nur vier Schritte vom perfekten Reise-Motorrad:
  1. Schau dir den Verkäufer an
  2. Schau dir das Motorrad an
  3. Mache eine Testfahrt und frage einen Dritten
  4. Bleib bei deinem Budget

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1. Der Verkäufer

Die wichtigsten Instrumente deiner Urteilskraft sind immer eine gesunde Menschenkenntnis und dein Bauchgefühl. Höre auf beides. Wenn dir der Verkäufer schon zwielichtig vorkommt, lass lieber die Finger von dem Motorrad. Die Gesetze der freien Marktwirtschaft gelten in Vietnam genauso wie in Zentraleuropa. Ist der Preis besonders niedrig, solltest du gut nachbohren, wieso das so ist. Will der Verkäufer verkaufen, weil er einen Tag später einen Flug kriegen muss oder fällt die Kiste bald auseinander und der Verkäufer will einfach nur schnell einen Dummen finden, der ihm die Mühle abkauft?

Ist der Preis besonders hoch, sollte es ebenfalls gute Gründe dafür geben. Das ist unter anderem der Fall, wenn es sich erwiesenermaßen um ein japanisches oder thailändisches Fabrikat handelt. Der vietnamesische Markt für Motorräder ist überschwemmt von billigen chinesischen und vietnamesischen Nachbauten (unter anderem von der Firma Lifan). Diese Motorräder solltest du unbedingt meiden. Um den Hersteller herauszufinden, hilft oftmals ein Blick auf die Getriebeabdeckung oder den Rahmen.

mfm_vietmoto-25Bei den Verkäufern handelt es sich in der Regel um zwei Typen: örtliche Werkstätten und andere Backpacker. Während der Preis für ein Motorrad bei den Werkstätten meist etwas höher ist als bei Privatverkäufern, hat man hier den Vorteil, dass die Maschine kurz zuvor wenigstens einen groben Service bekommen hat und von einem fachmännischen Auge begutachtet wurde. Das heißt, du musst dich auf den ersten 300-500 Kilometern nicht um einen Ölwechsel oder Kettenschmiere kümmern, sondern kannst dich ganz auf den Verkehr und das Fahren konzentrieren.

Doch auch Werkstätten sind keine Wunderheiler und können nicht in Motoren hineinsehen, ohne sie vorher zu öffnen. Und die wenigsten Werkstätten werden sich die Mühe machen, einen Motor auszubauen und sich die Kolbenringe oder die Pleuel anzuschauen. Am besten ist es also, wenn ihr einen ehrlichen Verkäufer findet, der möglicherweise sogar selbst Mechaniker ist und das Motorrad nicht nur gut gepflegt hat, sondern auch beim Kauf darauf geachtet hat, sich keinen Mist andrehen zu lassen.

Womit wir auch schon beim Thema Pflege wären. Am pfleglichen Zustand des Motorrads lässt sich schon viel über Mensch und Maschine herausfinden. Wenn sich der Verkäufer schon nicht die Mühe gemacht hat, das Motorrad vor dem Verkauf wenigstens grob zu waschen, waren ihm regelmäßige Ölwechsel und Kettenpflege eventuell auch nicht so wichtig. Und das kann dich nicht nur teuer zu stehen kommen, sondern auch gefährlich werden. Halte dir das beim Kauf immer vor Augen.

Ganz wichtig: Lass dich nicht von den typischen Verkäufer-Tricks einlullen. Zum Beispiel, dass du schnell zuschlagen solltest, da er von Anfragen überschüttet wird oder dir auf sonstige Weise Stress macht. Oder wenn er (oder sie) auf konkrete Fragen ausweichend reagiert. Da die Route Saigon-Hanoi immer beliebter wird, solltest du übrigens auch bei den Werkstätten Vorsicht walten lassen. So ziemlich jeder in Vietnam versucht irgendwie, seinen Schnitt zu machen – manche gehen dabei ehrlich zur Sache und manche eben nicht.

2. Der Motorrad-Check

Nachdem du dich vom Verkäufer überzeugt hast, schaust du dir das Motorrad an. In der Regel wird es sich bei den Motorrädern um folgende Modelle handeln:

  • Honda Win
  • Honda Wave
  • Minsk
  • Yamaha Nouvo

Alle diese Maschinen haben etwa 100 bis 125 Kubikzentimeter Hubraum und sind Viertakt-Einzylinder. Kleine Einzylinder wie diese Modelle sind eigentlich nicht für Langstrecken ausgelegt, da die Belastung für die kleinen Motoren doch relativ groß ist. Das heißt natürlich nicht, dass man keine langen Strecken damit fahren kann oder sollte – aber umso genauer muss man sich die Motorräder ansehen.

Das allererste, was du bei der Ankunft beim Verkäufer übrigens tun solltest, ist eine kurze Kontrolle, ob der Motor warmgefahren wurde. Es kann nämlich gut sein, dass der Verkäufer damit Startschwierigkeiten bei kaltem Motor kaschieren will.

Grundsätzliche Fragen:
  • Wie gepflegt ist das Motorrad?
  • Hängen Teile herunter oder sind nicht gut befestigt?
  • Sind Unfallspuren oder verdächtige Beulen zu sehen?
  • Ist der Rahmen schon einmal gebrochen? Sind Schweißnähte zu sehen, wo sie nicht unbedingt sein sollten?
  • Ist der Rahmen gerade? Fährt das Motorrad spurtreu?
  • Eiern die Felgen? (Das kann man übrigens ganz einfach mit einem Stift prüfen, den man z.B. an die Schwinge drückt – mit einem Ende in Richtung Felge/Speichen – und dann den Abstand zwischen Stiftspitze und Felgenband betrachtet, während man das Rad dreht)
  • Sieht man Rost? Ein bisschen Flugrost ist kein Problem und ab einem gewissen Alter auch normal, aber wenn viele Stellen übermalt oder anderweitig kaschiert wurden, geh weg.
  • Wie sehen die Reifen aus? Ist genügend Profil vorhanden? Ist der Gummi schon porös und rissig? Ist genug Luft in den Reifen? Wie sehen die Reifenflanken aus?
Neben der Optik solltest du ein besonderes Augenmerk auf die Technik legen:
  • Startet der Motor problemlos per E-Starter und Kickstarter? Läuft er rund? Es ist schwer, ein gutes Motorrad zu finden – und bei den meisten muss irgendwas repariert werden. Aber der wichtigste Teil des Motorrads ist der Motor und dementsprechend auch das teuerste Teil im Falle eines Defektes. Die meisten anderen Teile sind in der Regel relativ günstig zu bekommen.
  • Überprüfe die Federgabel, indem du die Vorderbremse ziehst und das Motorrad kräftig einfedern lässt. Die Gabel sollte dabei relativ geräuschlos in ihre Ausgangsposition zurückkehren, ohne nochmal nachzufedern.
  • Check die Elektronik. Funktionieren alle Lichter, Kontrollleuchten und die Blinker? Und am wichtigsten: funktioniert die Hupe? Die wirst du nämlich sehr, sehr oft brauchen.

ACHTUNG:

Das Motorrad MUSS mit der blauen Identification-Card verkauft werden, was in etwa dem deutschen Fahrzeugbrief entspricht. Ohne diese Karte fehlt jeder Nachweis, dass das Motorrad dir gehört!

Ohne die blaue Identification-Card ist das Fahren in Vietnam nicht nur hochgradig illegal, sondern es macht dein Motorrad auch noch völlig wertlos. Denn ohne diese Karte wirst du später auch keinen Käufer finden, da jeder weiß, dass das Motorradfahren ohne blaue ID-Karte illegal ist.

Ein Lifan-Nachbau einer Honda Wave mfm_vietnam_moto2-3 mfm_vietnam_moto2-4

3. Was darf ein Motorrad in Vietnam kosten?

Um es kurz zu machen: ein gutes  gebrauchtes Motorrad kostet zwischen 250 und 300 US-Dollar. Ich hab meine Honda Win für 180 Dollar erstanden, aber das war einerseits ein ziemliches Glück, andererseits musste ich auch noch rund 30 Dollar in neues Öl, neue Reifen und kleinere Reparaturen stecken.

Ein guter Tipp:

Steuere bei deiner Testfahrt eine Werkstatt an und lasse einen Mechaniker den Wert des Motorrads schätzen. So wirst du sehr schnell erfahren, ob der verlangte Preis gerechtfertigt ist. Im besten Fall ersparst du dir einen teuren Fehlkauf, der einen Haufen Reparaturen nach sich zieht. Im südlichen Saigon sind die Preise für gebrauchte Motorräder übrigens etwas höher als in Zentral- oder Nordvietnam, aber auch dort sollte eine gebrauchte Maschine nicht mehr als 300 Dollar kosten.

 4. Wo finde ich gebrauchte Motorräder in Vietnam?

Nichts leichter als das. Die meisten Motorräder wechseln in den beiden Städten Hanoi und Saigon ihren Besitzer. Dort wirst du also am ehesten fündig werden. In Nha Trang und Da Nang kann man natürlich ebenfalls gebrauchte Motorräder kaufen, aber das Angebot ist auf jeden Fall kleiner.mfm_vietmoto-23

In Saigon findet man vor allem auf der Pham Ngu Lao im touristischen District 1 eine Vielzahl von Angeboten. Entlang der Straße sieht man immer wieder Maschinen mit Preisschildern und einer Telefonnummer. Auch die Händler mit ihren kleinen Werkstatt-Garagen stellen ihre Maschinen überall zur Schau. Suche auch gezielt nach Aushängen, die sich meist im Eingangsbereich von Hostels und Guesthouses finden lassen. Eine vietnamesische SIM-Karte lohnt sich dabei übrigens nicht nur für die Motorradsuche.

Die meisten Angebote gebrauchter Bikes findet man aber mit Sicherheit auf Craigslist. Der Vorteil ist, dass man sich hier vorher ein Bild vom Angebot und den Preisen machen kann. Allerdings sollte man auch hier auf der Hut sein, da einige vietnamesische Händler über die Plattform versuchen, minderwertige chinesische Fabrikate zu verkaufen. Die meisten Anbieter sind aber andere Backpacker sowie Werkstätten, die sich auf die Restaurierung von Backpacker-Motorrädern spezialisiert haben.

Hier findest du die drei zentralen Online-Marktplätze für gebrauchte Motorräder in Vietnam:

Facebook: https://www.facebook.com/groups/882003845187734/

Craigslist: https://vietnam.craigslist.org/search/mca

TravelSwop: https://www.travelswop.com/

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Im nächsten Artikel werde ich mich mit der gesetzlichen Lage, der Sicherheit beim Fahren und den Kosten für Benzin und Reparaturen auseinandersetzen.

Stay tuned!

P.S.: Wenn du eine konkrete Frage hast, die in diesem Artikel nicht beantwortet wurde, kannst du auch gerne die Kommentarfunktion nutzen!

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AsienReisen

Moin, ich bin Julian. Mir wurde einmal gesagt, dass Symmetrie die Kunst des kleinen Mannes sei. Deshalb schreibe ich hier in schöner Unregelmäßigkeit über das Reisen, über Fotografie, über Technik und über andere Dinge, die andere vielleicht auch anders sehen.
Ein Kommentar.

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    18 August 2018 at 09:19

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